KMU- Orientierungs­hilfe

Pariser Klimaziele für KMU: Eine Orientierungshilfe auf dem Weg zu Netto-Null

Die Swiss Climate Action Initiative (SCAI) wurde 2022 von Unternehmen verschiedener Branchen und Grössen mit dem gemeinsamen Ziel ins Leben gerufen, durch Dialog und Synergien wirksam den CO2-Fussabdruck zu reduzieren und über konkrete Massnahmen und erzielte Fortschritte zu orientieren. Die Unternehmen unterstützen sich gegenseitig, teilen Wissen und Erfahrungen und arbeiten an gemeinsamen Projekten: neben dieser Orientierungshilfe für KMU wird aktuell ein CO2-Reduktions-Cockpit entwickelt sowie ein Vorschlag erarbeitet, wie Lieferanten effizient in die Massnahmen zur CO2-Reduktion eingebunden werden können.

Durch transparente Kommunikation des Erreichten, will SCAI möglichst viele Unternehmen dazu motivieren, Massnahmen im Rahmen ihrer Möglichkeit umzusetzen und diese weiterzuentwickeln. Die SCAI-Community ist sich der Chancen und Herausforderungen der CO2-Reduktion, insbesondere auch für KMU, bewusst. Daraus entstand das erste gemeinsame Projekt in Form dieser Orientierungshilfe für KMU.
Für Fragen und Ergänzungswünsche zu dieser Orientierungshilfe stehen wir gerne zur Verfügung.

Anne le Duc
T +41 76 204 35 97
M info@swissclimateactioninitiative.ch

Der Klimawandel lässt sich kaum noch stoppen. Aber wir können dafür sorgen, dass die durchschnittliche globale Erwärmung gegenüber der vorindustriellen Zeit deutlich unter 2 Grad Celsius bleibt. Dabei spielt die Wirtschaft eine zentrale Rolle. Wir brauchen dazu aber nicht nur die grossen, sondern auch die mittleren und kleinen Unternehmen, welche zusammen eine bedeutende Wirkung erzielen. In der Schweiz verursacht die Wirtschaft je nach Abgrenzung zwischen 30% bis 60% der inländischen Emissionen.1 KMU wiederum machen etwa 20% bis 30% der gesamten inländischen Emissionen beziehungsweise 40 bis 50% der wirtschaftlichen inländischen Emissionen aus.2 Dass wir konsequent handeln, ist nicht nur zentral für die zukünftigen Generationen. Es liegt aber auch aus wirtschaftlicher Sicht im Interesse eines jeden KMU, eine Netto-Null-Klimastrategie zu erarbeiten und umzusetzen. Für KMU ist es aus zeitlichen, finanziellen oder fachlichen Gründen eine besondere Herausforderung, sich vertieft mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Gemäss einer Studie3 misst in der Schweiz nur jedes achte KMU den eigenen CO₂-Ausstoss. Eine klimaneutrale Geschäftstätigkeit strebt nur ein Fünftel der befragten Unternehmen an. Diese Zahlen veranschaulichen einerseits das enorme Potenzial und den dringenden Handlungsbedarf seitens der KMU. Andererseits verdeutlichen sie, dass viele KMU auf diesem Weg Unterstützung benötigen. Hier bietet SCAI mit dieser Orientierungshilfe für KMU und durch die Förderung des Austausches zwischen grossen und kleineren Unternehmen innerhalb der Initiative Unterstützung. Manchmal scheint der Berg grösser zu sein, als er ist. Wenn man angefangen hat, hinaufzusteigen, fällt es leichter und das Ziel scheint nicht mehr unüberwindbar. Diese Orientierungshilfe bietet einen Überblick:
  • was die Pariser Klimaziele sind (Kapitel 1)
  • wieso diese auch für KMU relevant sind (Kapitel 2)
  • was Netto-Null konkret für KMU heisst (Kapitel 3)
  • was für Voraussetzungen und Vorbereitungen es in einem KMU braucht (Kapitel 4)
  • wie man mit der Umsetzung starten kann (Kapitel 5 und 6) und
  • wo es Unterstützung gibt (Kapitel 6).
Diese Orientierungshilfe ist um ein Glossar ergänzt.

1 McKinsey & Company, «Klimastandort Schweiz», https://www.mckinsey.com/ch/our-insights/klimastandort-schweiz, Ausgangslage, letzter Abruf: 01.03.2023, 10:20

2 McKinsey & Company, «Klimastandort Schweiz», https://www.mckinsey.com/ch/~/media/mckinsey/locations/europe%20and%20middle%20east/switzerland/our%20insights/klimastandort%20schweiz/klimastandort-schweiz.pdf, Seite 16, Zeile 12 & 13, letzter Abruf: 09.02.2023, 14:40

3 AXA, «Nur jedes achte KMU kennt seinen CO₂-Ausstoss», https://www.axa.ch/de/ueber-axa/medien/medienmitteilungen/aktuelle-medienmitteilungen/20221117-kmu-studie-nachhaltigkeit.html, letzter Abruf: 09.02.2023, 14:44

Situation Klimawandel

Viele Indikatoren belegen, dass sich das Klima weltweit und in der Schweiz verändert. Seit Beginn der Industrialisierung hat sich die Erde stark erwärmt und das Klima entscheidend gewandelt. Global zeigt sich im Verlauf der letzten zehn Jahre eine Erwärmung von +1,1 °C, in der Schweiz sogar +2,5 °C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Die Durchschnittstemperatur liegt höher als in den letzten 2000 Jahren. Extremwetterereignisse wie Hitzewellen oder Starkniederschläge treten häufiger auf. 4

Pariser Klimaabkommen

2015 wurde an der Klimakonferenz COP21 (the 21st Conference of the Parties) in Paris das «Pariser Klimaabkommen» verabschiedet. 197 Vertragsparteien beschlossen das Übereinkommen und fast alle Länder haben den Vertrag ratifiziert. Das Pariser Klimaabkommen stellt einen völkerrechtlichen Vertrag dar im Rahmen der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) mit dem Ziel, die Erderwärmung auf möglichst 1,5°C und deutlich unter 2°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau des Jahres 1750 zu begrenzen. Das Übereinkommen ist rechtlich verbindlich und verpflichtet die Staaten, nationale Reduktionsziele festzulegen und diese zu erläutern.5 Um das gesteckte Ziel zu erreichen, müssen die vermeidbaren Treibhausgasemissionen weltweit bis 2050 auf null zurückgefahren werden und die nicht vermeidbaren Emissionen (zum Beispiel aus der Landwirtschaft) im selben Umfang mittels natürlicher oder künstlicher Kohlenstoffsenken aus der Atmosphäre entfernt werden. Dieses Netto-Null-Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Wirtschaft – von Klein- bis zu Grossunternehmen – ihren entscheidenden Beitrag leistet.

4 Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie Schweiz, «Klimawandel», https://www.meteoschweiz.admin.ch/klima/klimawandel.html, Letzter Abruf: 09.02.2023, 14:50

5 Bundesamt für Umwelt BAFU, «Das Übereinkommen von Paris», https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/fachinformationen/klima–internationales/das-uebereinkommen-von-paris.html, letzter Abruf: 09.02.2023, 14:55

Eine Klimastrategie mit dem Netto-Null-Ziel ist für KMU eine grosse Chance, sich im Wettbewerb mit anderen Unternehmen zu differenzieren. Künftig werden KMU mit einem klaren Commitment für eine Netto-Null-Wirtschaft Wettbewerbsvorteile realisieren, unter anderem:

  • Uneingeschränkter Marktzugang (auch international)
  • Rechtliche und regulatorische Vorteile
  • Attraktivität für Mitarbeitende und Kunden
  • Positiver Reputationseffekt

Der CO2-Fussabdruck ist für grosse und international tätige Unternehmen bereits heute ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl von Lieferanten und es werden vermehrt entsprechende Ausschlusskriterien definiert.6 Aus diesem Grund ist es für KMU sehr wichtig, sich in ihrer Rolle als Lieferanten zügig auf den Weg in Richtung Netto-Null zu begeben und entsprechende Ziele zu definieren sowie Massnahmen umzusetzen, um ihren CO2-Fussabdruck zu reduzieren.

In Zukunft wird sich diese Entwicklung unter anderem auch wegen staatlicher Regulierung im In- und Ausland noch verstärken: Zum Beispiel mit dem EU Green Deal oder der Corporate-Sustainability-Reporting-Directive CSRD, welche v.a. Grossunternehmen und börsenkotierte Unternehmen betrifft, sich indirekt aber auch auf KMU auswirkt.7 Auch bei öffentlichen Ausschreibungen wird das Kriterium der Nachhaltigkeit immer stärker gewichtet.8

Mitarbeitende und Kunden sind zunehmend umweltbewusster und identifizieren sich stärker mit Unternehmen, die sich konkret für den Klimaschutz einsetzen und einen positiven Beitrag leisten. Angesichts des Arbeitskräftemangels erhöhen Unternehmen mit einer proaktiven Klimastrategie ihre Chancen, auch in Zukunft ein attraktiver Arbeitgeber zu sein.

Nicht zuletzt tun KMU mit einem erhöhten Bewusstsein sowie einem konkreten Beitrag zum Klimaschutz etwas Gutes für die Gesellschaft und für die kommenden Generationen, was sich positiv auf ihre Reputation auswirkt. Dieser Effekt wird umso stärker ausfallen, je proaktiver ein KMU das Thema angeht, anstatt passiv zu warten, bis sich die Politik dem Thema annimmt.

Als Wirtschaft können wir im Hier und Jetzt einen konkreten Beitrag zum Klimaschutz leisten. Starten und verbessern wir uns gemeinsam!

6 Zum Beispiel hat sich Zürich Versicherung folgendes Ziel gesetzt: «75% of our managed procurement spend is to be with suppliers that have science-based emissions reduction targets by 2025 and net zero targets by 2030». (DE: «75 % unserer verwalteten Beschaffungsausgaben sollen von Lieferanten getätigt werden, die wissenschaftlich fundierte Emissionsreduktionsziele bis 2025 und Netto-Null-Ziele bis 2030 haben.») (Quelle: Zürich, Sustainable operations, https://www.zurich.com/sustainability/sustainable-operations, letzter Abruf: 13.02.2023, 1743).

7 European Council,  «Council gives final green light to corporate sustainability reporting», directivehttps://www.consilium.europa.eu/en/press/press-releases/2022/11/28/council-gives-final-green-light-to-corporate-sustainability-reporting-directive/, letzter Abruf: 23.02.2023, 16:18

8 Bundesamt für Umwelt BAFU, «Ökologische öffentliche Beschaffung», https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/wirtschaft-konsum/fachinformationen/oekologische-oeffentliche-beschaffung.html, letzter Abruf: 13.02.2023, 18.37; Bundesamt für Bauten und Logistik, «Online Wissensplattform für nachhaltige öffentliche Beschaffung», https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-83049.html, letzter Abruf: 13.02.2023, 18.38; WÖB Wissenschaftsplattform Nachhaltige öffentliche Beschaffung, https://www.woeb.ch/de/, letzter Abruf: 13.02.2023, 18.42; Kompass Nachhaltigkeit, «Nachhaltigkeitskriterien in den Ausschreibungsunterlagen», https://oeffentlichebeschaffung.kompass-nachhaltigkeit.ch/rahmenbedingungen/ausschreibung, letzter Abruf: 09.02.2023, 15:12

Netto-Null in Bezug auf Unternehmen

Für Unternehmen bedeutet Netto-Null, dass CO2-Emissionen, die aus den Aktivitäten des Unternehmens entstehen, bis 2050 auf ein Minimum reduziert werden und alle noch nicht vermeidbaren Emissionen im selben Umfang mittels natürlicher oder künstlicher Kohlenstoffsenken wieder aus der Atmosphäre entfernt werden sollen.

Wichtig ist, dass alle CO2-Emissionen des Unternehmens berücksichtigt werden. Sie unterteilen sich in 3 Kategorien («Scopes»):

  • Scope 1: eigene direkte Emissionen (Prozesse am Unternehmensstandort, Emissionen aus Energieträgern am Standort wie Erdgas und Brennstoffe, Betrieb von Öfen, eigener Fuhrpark …)
  • Scope 2: indirekte Emissionen aus eingekaufter Energie (Strom, Wasserdampf, Fernwärme oder -kälte)
  • Scope 3: alle indirekten Emissionen, die entlang der Wertschöpfungskette entstehen: sowohl vorgelagert (zum Beispiel Arbeitsweg Mitarbeitende, bezogene Waren und Dienstleistungen …) als auch nachgelagert (zum Beispiel Nutzung der Produkte, Abfallbehandlung, Verarbeitung von verkauften Produkten, Transport und Distribution …)

Fig 1: Überblick über die Anwendungsbereiche und Emissionen des Green House Gas (GHG)-Protokolls entlang der Wertschöpfungskette (siehe die Definition von GHG-Protokoll im Glossar).

Zusammengefasst haben Unternehmen neben der eigenen operativen Tätigkeit auch eine gewichtige, positive Einflussmöglichkeit via Zulieferer und Abnehmer. Heute genügt es nicht mehr, nur Massnahmen für die eigenen betrieblichen Emissionen umzusetzen (Scope 1 und 2), sondern diese sollen auch die vorgelagerte und nachgelagerte Wertschöpfungskette umfassen (Scope 3), da dort oftmals die grossen Hebel zur CO2-Reduktion liegen. Nur gemeinsam kann die Netto-Null-Wirtschaft verwirklicht werden.

Vorgehen und Massnahmen für KMU:

Für KMU bedeutet das, ihre Emissionen im eigenen Betrieb als auch in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette zu messen und Reduktionsmassnahmen zu bestimmen. Im Betrieb (Scope 1 und 2) sollen messbare Ziele im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen gesetzt und die Fortschritte regelmässig ausgewiesen werden. In der Wertschöpfungskette (Scope 3) hingegen kann in einem ersten Schritt auch ein pragmatischer Ansatz gewählt werden, um die relevanten Hotspots bestimmen zu können (z.B. Umsetzung von Quick Wins, Fokus auf wichtigste Lieferanten). Es wird jedoch in weiteren Schritten unumgänglich werden, die Scope 3 Emissionen des eigenen Unternehmens systematisch zu verstehen und darin Optimierungsmassnahmen zur Reduktion von CO2-Emissionen vorzunehmen, da im Scope 3 die grossen Emissions-Hotspots zu finden sind.

 

Allgemeine Hebel bei Scope 1 und Scope 2 sind zum Beispiel der Einkauf von erneuerbarem Strom und Energie (z.B. Solarstrom), fossilfreies Heizen (z.B. Fernwärme) oder auch die Umstellung der eigenen Fahrzeugflotte auf alternative Antriebe (z.B. Elektrofahrzeuge). Im Scope 3 sind die Massnahmen aufgrund der verschiedenen Geschäftsfelder deutlich diverser. Anstrengungen zur Reduktion der Scope 3 Emissionen umfassen Effizienzmassnahmen: zum Beispiel durch die Optimierung des Einkaufs oder des Rohstoffbedarfs, eine nachhaltigere Lieferantenauswahl (Lieferanten-Engagement) oder auch durch den Wechsel auf fossilfreie Antriebsstoffe im Warentransport und Geschäftsverkehr. Man sollte beispielsweise nachhaltige, beziehungsweise zertifizierte, Rohstoffe einkaufen, die nicht zur Abholzung des Regenwaldes führen. Für einen Betrieb in der Gastronomie ist eine sinnvolle Massnahme, weniger Fleisch im Menüplan anzubieten und insgesamt auf CO2-ärmere, lokale Zutaten umzustellen.

Als Sofortmassnahme für wirksamen Klimaschutz können Unternehmen zusätzlich zum Netto-Null-Ziel wirksame Klimaschutzprojekte in Höhe der eigenen bilanzierten Emissionen finanzieren.

Netto-Null in Bezug auf Unternehmen

Für eine erfolgreiche Umsetzung einer Klimastrategie müssen alle im Unternehmen an einem Strick ziehen. Dabei gibt es bestimmte Voraussetzungen, damit die Energie und die Ressourcen effizient und zielorientiert eingesetzt werden.

  1. Klimaschutz ist Geschäftsleitungssache
    • Nicht nur Nachhaltigkeitsverantwortliche oder -interessierte im Unternehmen, sondern vor allem die Geschäftsleitung muss bereit sein, die Klimaziele in die Unternehmensstrategie zu integrieren und konsequent umzusetzen.
  2. Alle im Unternehmen ins Boot holen
    • Das Verständnis für die Bedeutung und Dringlichkeit für die Thematik muss im Unternehmen gezielt gefördert werden, damit die Strategie und Umsetzung von den Mitarbeitenden mitgetragen wird.
    • Neben den weltweiten ökologischen und sozialen Konsequenzen aufgrund des Klimawandels ist es ebenso wichtig, dass alle Mitarbeitenden auch die wirtschaftlichen Aspekte für das eigene Unternehmen verstehen.
  3. Netto-Null Strategie: – alles klar?
    • Die verantwortlichen Personen müssen verstehen, welche Anforderungen bei der Umsetzung auf das Unternehmen zukommen.
    • In einem ersten Schritt müssen die Emissionen gemessen beziehungsweise eine CO2-Bilanz erstellt (Emissionsübersicht) sowie die grössten Treiber und Hebel identifiziert werden, dann folgt die Reduktion und am Ende bleibt noch die Kompensation.
    • Reduzieren und Kompensieren finden gleichzeitig statt, wobei der Kompensationsanteil über die Zeit abnimmt.
  4. Zwischenziele sind der Weg zum Erfolg
    • Der Weg zu Netto-Null ist ein langfristiger Prozess, der konsequent umgesetzt werden muss. Es ist daher sinnvoll, dass sich ein Unternehmen Zwischenziele setzt und sich schrittweise dem Netto-Null-Ziel annähert. Es gilt: Lieber kleine Schritte planen, aber dafür die Umsetzung nicht hinauszögern.
  5. Leader bringen das Projekt zum Ziel
    • Zuständigkeiten für die Umsetzung klären.
    • Falls es im Unternehmen noch keine nachhaltigkeitsverantwortliche Person gibt, sollte geklärt werden, welche Personen am besten dafür geeignet wären, den Lead zu übernehmen.
    • Vorhandenes internes Know-how eruieren.
  6. Lotse an Bord holen?
    • Abklären, welche Vorarbeiten intern gemacht werden können und inwieweit eine externe Beratung hilfreich oder zwingend ist.
    • Möglichkeit und Umfang einer externen Unterstützung evaluieren.
  7. Gut geplant ist halb gemacht verfügbare Ressourcen definieren
    • Abklären, wie viel personelle Kapazitäten für die Vorbereitung und Umsetzung vorhanden sind.
    • Festlegen, welches Budget für die Umsetzung zur Verfügung steht.
    • Einschätzen, welche Effizienzgewinne mittelfristig realisiert werden können.

CO2-Bilanz erstellen

Ziel

Feststellen, wo das Unternehmen in Bezug auf die Treibhausgas-Emissionen steht.

Methode

Treibhausgas-Emissionen des Unternehmens in den unterschiedlichen Scopes gemäss dem GHG-Protokoll (Greenhouse Gas Protocol) ermitteln. Dabei werden die unterschiedlichen Treibhausgase in Bezug auf ihr Global Warming Potenzial (GWP) in CO2-Äquivalente (CO2e) umgerechnet. Die Scopes stellen eine Art Checkliste dar, um alle Emissionen zu berücksichtigen:

Scope 1

definiert alle direkten Emissionen (z. B. durch den Fuhrpark)

Scope 2

umfasst indirekte Emissionen durch zugekaufte Energie (z. B. den Stromverbrauch)

Scope 3

Emissionen entstehen indirekt durch die Unternehmensaktivität entlang der Wertschöpfungskette (z. B. Rohstoffe, Logistik, Geschäftsreisen, Anfahrt der Mitarbeitenden …).

Die CO2-Bilanz hilft dem Unternehmen, die Treibhausgas-Emissionen zu messen, zu verstehen und zu steuern.

Für einen ersten Eindruck der CO2e-Emissionen des Unternehmens kann ein (frei zugängliches) Online-Tool eingesetzt werden. Das Tool fragt nach allen relevanten Kenngrössen und rechnet sie in CO2e um. Zum Beispiel wird beim Fuhrpark die Anzahl gefahrener Kilometer abgefragt und automatisch in CO2e umgerechnet.

Siehe Teil «Unterstützung» dieses Dokuments für Quellen solcher frei zugänglichen Online-Ressourcen.

Resultate aus der CO2-Bilanz analysieren & CO2-Treiber identifizieren

  • Die grössten CO2-Treiber im Unternehmen identifizieren.
  • Entscheiden, welche man als Erstes angehen will und kann: nach Möglichkeit die grössten Treiber zuerst anpacken.
  • Nach Bedarf einen Vergleich mit den grössten CO2-Treibern (und Lösungsansätzen) der Branche machen.

Ziele setzen & Reduktions-Strategie erarbeiten

  • Festlegen, wie viel CO2 bis 2025, 2030, 2040 etc. reduziert werden soll und CO2-Reduktionspfade (auch Absenkpfad genannt) definieren.
  • Glaubwürdigkeit sichern durch realistische, aber dennoch herausfordernde Zielsetzung.
  • Falls das Fachwissen intern limitiert ist, kann die Einbindung von externen Beratern sinnvoll sein, um den Prozess effizient zu planen.

Massnahmen definieren, um Ziele und entsprechende Absenkpfade zu erreichen

  • Diese Massnahmen werden wieder gemäss den Scopes aufgeteilt: was kann man intern direkt im eigenen Unternehmen machen (Scope 1), was kann man bei der Besorgung von Energie optimieren (Scope 2), wie könnte man die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette bzgl. CO2-Emissionen verbessern (Scope 3).
  • Beispiele von Massnahmen in der vorgelagerten Lieferkette: Optimierung des Einkaufs, des Rohstoffbedarfs und des Warentransports sowie Lieferanten-Engagement – Lieferanten sollen dazu motiviert werden, eigene Klimaschutzziele im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen und entsprechende Massnahmen zu definieren.
  • Beispiele von Massnahmen im eigenen Unternehmen und bei der Beschaffung von Energie: Beschaffung der Energie aus erneuerbaren Quellen, Umstellung der eigenen Fahrzeugflotte auf alternative Antriebe.
  • Beispiele von Massnahmen in der nachgelagerten Lieferkette: Transport und Vertrieb, Gebrauch verkaufter Produkte, Entsorgung etc.

CO2-Fussabdruck ausweisen und Transparenz schaffen

  • Berichterstattung: Kommunikationsformate definieren (zum Beispiel Bereich Nachhaltigkeit / CO2-Reduktion auf der firmeneigenen Webseite einrichten, in einem Newsletter das Thema CO2-Reduktion adressieren, auf sozialen Medien regelmässig Beiträge zu den Anstrengungen verfassen oder in Print-Produkten des Unternehmens über die Massnahmen und Erfolge berichten).
  • Ziele, Massnahmen und Herausforderungen erläutern.
Frei zugängliche CO2-Rechner (zum Beispiel)
Allgemeine Informationen und praktische Hilfestellungen (unter anderem)
Ratings und Zertifizierungen (zum Beispiel)
Professionelle Unterstützung (zum Beispiel)
CO2-Äquivalent

(auch Kohlenstoffdioxid-Äquivalent oder CO2e genannt): ein metrisches Mass, das verwendet wird, um die Emissionen verschiedener Treibhausgase auf der Grundlage ihres Global Warming Potential (GWP) zu vergleichen. Dazu werden die Mengen anderer Gase in die äquivalente Menge von CO2 umgerechnet.9

CO2-Fussabdruck / CO2-Bilanz

Gibt an, welche Menge von Treibhausgasen durch eine Aktivität, einen Prozess oder eine Handlung freigesetzt wird. Ein CO2-Fussabdruck lässt sich beispielsweise für Geschäfts- oder Produktionsprozesse von Unternehmen angeben.10

Emissionen (nachgelagerte)
sind die indirekten Treibhausgas-Emissionen innerhalb der Wertschöpfungskette eines Unternehmens, die in Verbindung mit dessen verkauften Waren und Dienstleistungen stehen und entstehen, nachdem sie den Besitz oder die Kontrolle des betreffenden Unternehmens verlassen haben. Kategorien im Greenhouse Gas Protocol (GHG-Protokoll): Investitionen, Konzessionen (Franchise), vermietete oder verleaste Vermögenswerte, Abfallbehandlung von verkauften Produkten, Nutzung von verkauften Produkten, Verarbeitung von verkauften Produkten und Transport und Distribution (nachgelagert).11
Emissionen (vorgelagerte)
umfassen die indirekten Treibhausgas-Emissionen innerhalb der Wertschöpfungskette eines Unternehmens, die in Verbindung mit eingekauften Waren (materiellen Gütern) und Dienstleistungen (immateriellen Gütern) stehen. Kategorien im Greenhouse Gas Protocol (GHG-Protokoll): Gemietete oder geleaste Vermögenswerte, Arbeitsweg Mitarbeitende, Geschäftsreisen, Betriebsabfälle, Transport und Distribution (vorgelagert), Kraftstoffe zur Energiegewinnung (Brennstoff- und energiebezogene Emissionen), Investitionsgüter und Bezogene Waren und Dienstleitungen.12
KMU
Kleine und mittlere Unternehmen, in der Schweiz marktwirtschaftliche Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigte. Über 99% aller Unternehmen in der Schweiz sind KMU.13
Lieferanten-Engagement

motiviert Lieferanten dazu, eigene Klimaschutzziele und entsprechende Massnahmen zu definieren und umsetzen, um bis spätestens 2050 Netto-Null zu sein.

Netto-Null

Netto-Null-Emissionen von Kohlendioxid (CO2) werden erreicht, wenn anthropogene CO2-Emissionen global durch anthropogene CO2-Entnahmen über einen bestimmten Zeitraum ausgeglichen werden.14

Pariser Klimaabkommen
Das Übereinkommen von Paris ist ein rechtlich verbindliches Instrument unter dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (Klimakonvention, UNFCCC). Es enthält Elemente zur sukzessiven Reduktion der globalen Treibhausgasemissionen und basiert erstmals auf gemeinsamen Grundsätzen für alle Staaten.15
Kohlenstoffsenke

Jeder Prozess, jede Aktivität oder jeder Mechanismus, der oder die ein Treibhausgas, einen Vorläufer eines Treibhausgases oder ein Aerosol aus der Atmosphäre entfernt. Man unterscheidet zwischen natürlichen und künstlichen Kohlenstoffsenken (auch technische Senken genannt). Natürliche Senke:  umfassen Kohlenstoffeinbindungen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Wald (Land use, land use change and forestry – LULUCF). In diesen natürlichen Senken wird CO2 gespeichert, wie z.B. in Bäumen im Wald oder in Moorböden.16 Künstliche Senken sind die nicht natürlichen Senken und umfassen u.a. Carbone Capture Utilization and Storage CCS CCUS, wo CO2 direkt aus der Atmosphäre entfernt wird und anschliessend langfristig gespeichert.17

9 Eurostat, «Glossary: Carbon dioxide equivalent», https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php?title=Glossary:Carbon_dioxide_equivalent, letzter Abruf: 13.02.2023, 12:32

10 First Climate, «Was ist ein CO2-Fussabdruck?», https://www.firstclimate.com/was-ist-ein-CO₂-fussabdruck, letzter Abruf: 13.02.2023, 16:32

11 Climate Partner, «Was sind Scope1-, Scope 2- und Scope 3- Emissionen?», https://www.climatepartner.com/de/climate-action-insights/scope-emissionen-reduzieren?utm_source=google&utm_campaign=17886590300&utm_medium=cpc&utm_content=613567951329&utm_term=&gclid=EAIaIQobChMI2siatcSI_QIVVQCLCh2j4gOFEAAYASAAEgJAd_D_BwE letzter Abruf: 09.02.2023, 11:27

12 Climate Partner, «Was sind Scope1-, Scope 2- und Scope 3- Emissionen?», https://www.climatepartner.com/de/climate-action-insights/scope-emissionen-reduzieren?utm_source=google&utm_campaign=17886590300&utm_medium=cpc&utm_content=613567951329&utm_term=&gclid=EAIaIQobChMI2siatcSI_QIVVQCLCh2j4gOFEAAYASAAEgJAd_D_BwE letzter Abruf: 09.02.2023, 11:27

13 Bundesamt für Statistik, «Kleine und mittlere Unternehmen», https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/industrie-dienstleistungen/unternehmen-beschaeftigte/wirtschaftsstruktur-unternehmen/kmu.html letzter Abruf: 13.02.2023, 17:51

14 IPPC, «Net zero CO2 emissions»?», https://www.swissclimate.ch/netto-null, letzter Abruf: 02.03.2023, 10:00

15 Bundesamt für Umwelt BAFU, «Das Übereinkommen von Paris», https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/fachinformationen/klima–internationales/das-uebereinkommen-von-paris.html, letzter Abruf: 09.02.2023, 10:43

16 Stiftung Klimaneutralität, «CO2-Senken», https://www.stiftung-klima.de/de/themen/CO₂-senken/, letzter Abruf: 17.02.2023 17.06

17 Deutsche Energie-Agentur, «Technische CO2-Senken»,  https://www.dena.de/fileadmin/dena/Publikationen/PDFs/2021/211005_DLS_Gutachten_Prognos_final.pdf, letzter Abruf: 17.02.2023 17.13